Seit meinem sechzehnten Lebensjahr wusste ich, dass ich in der DDR nicht leben wollte
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Katrin Berger, geborene Zöller, wurde am 28. Februar 1970 in der ostdeutschen Gemeinde Rosslau geboren. Ihr Vater stammte jedoch aus Westdeutschland, sodass sie eine für ostdeutsche Verhältnisse untypische Erziehung genoss und gleichzeitig verschiedene Schikanen in der Schule erlebte. Die Situation verschlimmerte sich, als sie aus der FDJ (Freie Deutsche Jugend) austrat. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Laborantin in der Milchwirtschaft, arbeitete aber schließlich lieber als Kranführerin. Seit ihrem sechzehnten Lebensjahr wusste sie, dass sie nicht in einem kommunistischen Staat leben wollte. Sie fuhr mit gleichgesinnten Jugendlichen zu Wochenend-Bluesfestivals und nahm 1989 an Demonstrationen gegen das Regime teil. Nach einem erfolglosen Fluchtversuch über Ungarn beschloss sie schließlich, mit einer Gruppe von Freunden zu versuchen, über die Botschaft der BRD in Prag zu fliehen. Ende September 1989 verbrachte sie mehrere Tage in der Botschaft, wo eine besondere Atmosphäre und eine fast familiäre Gemeinschaft herrschte. Nach einer Rede des Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher saß sie am 1. Oktober 1989 im ersten Zug mit ostdeutschen Flüchtlingen, die in den Westen in Sicherheit reisen durften. Dort nahm sie Kontakt zu ihrer Tante auf und fand sofort eine Anstellung in einer Molkerei in Coesfeld. Als ihre Eltern sie zu Weihnachten desselben Jahres besuchten, küsste ihr Vater am Bahnhof den Boden. Trotz der herzlichen Aufnahme durch ihre Kollegen und alle anderen Menschen kehrte Katrin 1992 in die ehemalige DDR zurück, heiratete 2019 und lebte in Dessau.