Následující text není historickou studií. Jedná se o převyprávění pamětníkových životních osudů na základě jeho vzpomínek zaznamenaných v rozhovoru. Vyprávění zpracovali externí spolupracovníci Paměti národa. V některých případech jsou při zpracování medailonu využity materiály zpřístupněné Archivem bezpečnostních složek (ABS), Státními okresními archivy (SOA), Národním archivem (NA), či jinými institucemi. Užíváme je pouze jako doplněk pamětníkova svědectví. Citované strany svazků jsou uloženy v sekci Dodatečné materiály.

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Otto Kögler (* 1921)

wie ein scheckend Hund Ein Leben lang Sozialdemokrat

  • geboren in Sandau am 03.01.1921

  • ist beim ATUS und tritt mit 16 Jahren der sozialistischen Jugend bei

  • Ausbildung zum Industriekaufmann bis 1939

  • zwei Jahre Tätigkeit in der Verwaltung, 1941 Einberufung zur Wehrmacht

  • 1944 Heirat und Geburt des Sohnes

  • nach Kriegsende Vertreibung, 1946 Ankunft in Hofstetten

  • Gründung eines SPD-Ortsvereins, Anstellung als Flüchtlingsobmann

  • 1952 Übersiedelung der Familie nach Ansbach

  • es folgen eine langjährige Anstellung bei der Regierung von Mittelfranken sowie zahlreiche ehrenamtliche und parteipolitische Funktionen in der Ansbacher SPD und in der Seliger-Gemeinde

Seit über sechzig Jahren lebt Otto Kögler inzwischen in Ansbach. Angesichts seiner Erlebnisse in jungen Jahren ist er dankbar für dieses Leben. Die Chance, die wir hier hatten, beruflich und wirtschaftlich, die hätten wir vermutlich zur Zeit der Kommunisten da drinnen, niemals erreicht, niemals erreicht! [...] Selbst, wenn sie uns nicht vertrieben hätten. Und wir als die jüngere Generation haben also die Vertreibung besser überstanden als beispielsweise jetzt unsere Eltern, nicht wahr.

Als er im Januar 1921 zur Welt kommt, ist das Schicksal der Familie noch nicht absehbar. Kögler wird als Sohn eines Fabriktischlers und einer Verkäuferin in Sandau, Kreis Böhmisch Leipa, geboren. Der Vater ist in der DSAP aktiv, die Mutter arbeitet zunächst beim Konsum. Das Vermächtnis des politischen Engagements wird Kögler sein Leben lang fortführen, bereits früh nimmt er diese Tradition auf. Mein Großvater war Sozialdemokrat, mein Vater war Sozialdemokrat und ich bin natürlich schon 1930 in den ATUS eingetreten. Auch der sozialistischen Jugend tritt er kurz vor seinem 16. Geburtstag im Winter 1937 bei. Er spielt Theater, leitet hier den Spielmannszug. Da Sandau viele Arbeiter sowie einen sozialdemokratischen Bürgermeister hat und sozusagen als sozialdemokratische Hochburg gilt, sind die Auseinandersetzungen mit den national gesinnten Deutschen vor der Einverleibung von Böhmen und Mähren durch Nazi-Deutschland nicht so groß.

Vor der Machtergreifung hat Kögler seine Zeit an Volks- und Realschule hinter sich gebracht und 1936 eine Ausbildung zum Industriekaufmann im örtlichen Eisenwerk begonnen. Kontakte zu Tschechen gibt es kaum. Ich bin praktisch während der Ferien sogar auf Zahlung im Tschechischen drin gewesen, um, um Tschechisch, die tschechische Sprache zu erweitern, nicht wahr. [...] Nur manche, manche Positionen... sind dann später natürlich, dann alle umgewandelt worden in tschechische... zum Beispiel auch der Direktor von der Realschule, Realgymnasium. Das war erst ein Deutscher und dann ist da ein Tscheche gekommen als Direktor. Und mein letzter Klassenlehrer, das war ein Doktor Schrabal, das war also auch ein Tscheche.

Mit dem Anschluss ans Reich ändert sich die Situation für die Sozialdemokraten schlagartig. Da haben sie zwar bei uns die führenden Leute – Bürgermeister und Stadtrat und so weiter –, haben sie alle eingesperrt. Die waren dann in Oberpolitz, hier, das ist der Nachbarort, im Schloß wurden die dort untergebracht und dann sind wir da als Kinder, weil der Nachbar Stadtrat war, dessen Sohn und ich, sind wir dann da mit unterwegs gewesen, Essen zu tragen ins Schloß.

Kögler selbst hat Glück, wird nicht weiter behelligt, er wird gebraucht. Zunächst kann er seine Ausbildung abschließen und daraufhin kommt er für zwei Jahre in der örtlichen Verwaltung unter. Da sind dann schon einige einbezogen gewesen, da musste man dann natürlich in die Verwaltung gehen. Auch längere Zeit arbeiten und so weiter. Da konnte man sich also um die politischen Verhältnisse damals, also gar nicht kümmern und man muss schon dazu sagen, wir hatten ja auch damals noch nicht einmal ein Radio, ja. Haben wir das erste, als wir am Reich angeschlossen waren, haben wir damals dann einen Volksempfänger gehabt. Das war also unsere erste Information und die war natürlich nur vom Reich aus dirigiert, nicht wahr. Hatten wir überhaupt keine Übersicht, was sich weltweit getan hat.

Er wird schließlich 1941 zur Wehrmacht einberufen, zum Flieger ausgebildet und in Bayern stationiert. 1944 heiratet er seine Frau – gebürtig aus dem Nachbarort Wolfersdorf – und im gleichen Jahr wird sein Sohn geboren. Die Flucht seiner Familie bekommt er nicht mit, er ist in Kriegsgefangenschaft und wird erst im November 1947 wieder mit Frau und Kind vereint sein.

Denn Kögler kämpft sich – aus kurzer amerikanischer Gefangenschaft entlassen – im Oktober 1945 zwar von Augsburg aus in die Heimat durch, allerdings sind die beiden zu diesem Zeitpunkt schon vertrieben und er trifft lediglich seine Eltern an. Mit diesen gelangt er anschließend nach Hofstetten, wo er zusammen mit anderen vertriebenen sudetendeutschen Sozialdemokraten sofort auch einen SPD-Ortsverein und die lokale Arbeiterwohlfahrt mitbegründet. Wir waren... das dürfen Sie ja nicht vergessen, wie wir hergekommen sind... wir hatten ja keinen Kontakt zu niemandem. Zu keinen Behörden, zu keinen Banken, überhaupt nichts, wir mussten also praktisch ganz von vorne anfangen, nicht wahr. Mussten uns die Vertrauen und so weiter und die Arbeit mussten wir uns alles erst erwerben.

Die Arbeitssuche stellt sich dementsprechend auch nicht als leicht dar, aber schließlich wird Kögler zum Flüchtlingsobmann im Kreis Eichstätt. In dieser Funktion erlebt er den unterschiedlichen Umgang mit den Flüchtlingen aus nächster Nähe. Die einen, die haben meinetwegen den letzten, das letzte Loch zur Verfügung gestellt für Unterbringung von... die anderen waren großzügig. In Hofstetten beispielsweise, wo wir... war der Pfarrer derart großzügig, hat zwei oder drei Familien mitaufgenommen und sogar unseren Ortsvereinsvorsitzenden von der Partei von zuhause. Der war auch beim Pfarrer mit untergebracht, nicht wahr.

Erst als im Zuge der Familienzusammenführung Frau und Kind nach Hofstetten zu Kögler gebracht werden, erfährt er, was ihnen konkret widerfahren ist. [W]o mein Sohn elf Monate alt war und wo die mit dem Kinderwagen gefahren sind, da haben die Tschechen an der Grenze, [...] da haben sie meiner Frau noch den Plüschmantel ausgezogen, nicht wahr. Selbst den haben sie weggenommen. Zwischenzeitlich waren sie über Dresden nach Magdeburg gekommen und hatten die Zeit dort in einer Flüchtlingsunterkunft zugebracht.

Schon 1948 wird Kögler Mitglied des Kreistages in Eichstätt und, als die Familie 1952 nach Ansbach übersiedelt, wird er hier Vorsitzender des Kreisverbands, von 1971 bis 1990 auch Stadtrat. Nun kann er auch wieder in seinem alten Beruf arbeiten als Industriekaufmann für die Regierung von Mittelfranken – vor seiner Pensionierung 1981 auch in der Wirtschaftsförderung, die ihm besonders gefällt. Stets engagiert er sich im Personalrat zudem für die Belange seiner Genossen und Kollegen. 1966 baut die Familie ein eigenes Haus. Das haben wir damals noch selber gebaut und finanziert. In der Zwischenzeit stehen wir schuldenfrei da.

1954 wird die Seliger-Gemeinde in Ansbach gegründet, auch hier ist Kögler sofort mit dabei. Seine Mitgliedschaft hat ihn bis heute nicht müde gemacht. Also, ich bin ja 60 Jahre bei der Seliger-Gemeinde, bin seit dem ersten Tag, letztes noch lebendes Mitglied der Seliger-Gemeinde und ich fand es richtig, dass man die damals dann aufgebaut hat und wir kriegen heute noch über die Brücke ständig die besten Informationen, die man sich überhaupt denken kann. Und auch die Verbindungen zur Landmannschaft, in der er Mitglied ist, sind für Kögler bereichernd. [U]nd wir haben an sich einen sehr guten Kontakt hier auch zur Landsmannschaft. Und tun also auch unsere Schriften austauschen ja, also, gibt es also nicht die geringsten Schwierigkeiten. Also eine sehr vernünftige Zusammenarbeit. Selbst der Kreisobmann, der kommt also immer auch in unsere Veranstaltungen. Und der Ortshauptmann sowieso.

Auf ein erfülltes Leben und eine lange politische Karriere kann Otto Kögler heute zurückblicken, und auch wenn er die Politikverdrossenheit der heutigen Jugend nicht nachvollziehen kann, so hat er doch dafür gesorgt, dass die Familientradition aufrecht erhalten bleibt – sein Sohn engagiert sich auch für die Seliger-Gemeinde. Und von sich selbst sagt er nicht ohne Stolz in der Stimme: Das kann ich ohne Übertreibung sagen, dass ich mich gut eingelebt habe, ja. […] Bedingt natürlich dadurch, dass wir also in parteiliche..., Arbeiterwohlfahrt und einzelnen Vereinen überall mit dabei ist. Da hat man natürlich auch Kontakt, nicht wahr. […] Da gibt es heute Leute, die grüßen mich alle, ich weiß gar nicht wer das ist, aber die grüßen mich und sprechen mich sogar mit Namen an. Bei uns zuhause hat man gesagt, der ist bekannt bei ein scheckend Hund!

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  • Příbeh pamětníka v rámci projektu Not to disappear from history (Rafael Buchta)