Následující text není historickou studií. Jedná se o převyprávění pamětníkových životních osudů na základě jeho vzpomínek zaznamenaných v rozhovoru. Vyprávění zpracovali externí spolupracovníci Paměti národa. V některých případech jsou při zpracování medailonu využity materiály zpřístupněné Archivem bezpečnostních složek (ABS), Státními okresními archivy (SOA), Národním archivem (NA), či jinými institucemi. Užíváme je pouze jako doplněk pamětníkova svědectví. Citované strany svazků jsou uloženy v sekci Dodatečné materiály.

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Ewald Seifert (* 1937)

It was good for us indeed

  • born on 5th August, 1937 in Schwarzwasser/Černá Voda

  • 1943 attended school in Schwarzwasser/Černá Voda

  • in August 1946 displaced through Bohemia; first into the refugee camp in Niklasdorf, then a two-and-a-half-day ride in cattle carriages via Prague to Bavaria; to the camp in Furth im Wald, then to Rothenburg ob der Tauber and finally

  • on 24th September, 1946 to Ohrbach near Rothenburg ob der Tauber, staying on the farm with a friendly family

  • in 1947 family could own their own apartment in Dürrenhof, Rothenburg or Tauber

  • in 1947 the father returns back home as a US war prisoner

  • in 1950 begins an apprenticeship as an electrical installer

  • in 1958 gets married and moves with his wife into an apartment

  • in 1972 builds his own house in Rothenburg or Tauber

  • in 1980 first visits his old country with his family; has two sons both studying

  • since 2009 regularly visits Schwarzwasser/Černá Voda with travel groups consisting mostly of the former Sudeten Czechs

Die Jugendzeit in Černá voda (Schwarzwasser)

Ewald Seifert verbringt seine Kindheit bis zum 9. Lebensjahr im damaligen Schwarzwasser, heute Černá Voda. Er beschreibt sie als glücklich, auch wenn von sechs Kindern nur drei Jungen überleben. Sein Vater ist NSDAP-Mitglied und geht in den Krieg. Er wird ziemlich bald nach dem Krieg aus US-Amerikanischer Gefangenschaft zurückkehren. Seine Mutter muss in der Landwirtschaft schwer arbeiten, um die Kinder durchzubringen.

Nach Kriegsende kommen Tschechen ins Dorf und beginnen, die Deutschen zu entrechten und zu unterdrücken: Deutsche müssen eine weiße Armbinde mit einem schwarzen N („Němci“) tragen und werden in der Öffentlichkeit verhöhnt und gedemütigt. „Sogar Erwachsene mussten sich von Kindern anspucken lassen oder wenn man sich auf dem Gehsteig begegnet ist, musste der Erwachsene Deutsche auf die Straße und ein kleines Kind, Tscheche, durfte weiter gehen.“ Auch ein Schulbesuch ist für deutsche Kinder, und damit auch für Ewald Seifert, nicht mehr möglich - der Unterricht findet ausschließlich auf Tschechisch statt und darf ab nun nur von Kindern besucht werden, deren Eltern (zumindest ein Elternteil) tschechischer Staatsangehörigkeit sind.

Die Vertreibung

Im August 1946 kommt eines Morgens ein tschechischer Soldat ins Dorf und befiehlt den Sudetendeutschen eine Stunde später abmarschbereit zu sein. Die Deutschen wissen aber vorher, dass das passieren würde und haben – natürlich illegal – Wertsachen versteckt und zum Mitnehmen vorbereitet. In der Familie Seifert werden z. B. gebügelte Hundertmarkscheine hinter einem Spiegel versteckt und in ausgehöhlten Griffen einer Truhe versteckt.

„An dem Tag, an dem wir fort mussten, da ist in der früh ein Soldat mit einem Gewehr gekommen, hat mit Gewehrkolben an die Tür geschlagen, (...) hatte ein Zettel gehabt mit vielen Namen und die hatte er jedes Mal vorgelesen – so gut wie er es auf Deutsch vorlesen konnte. Und wenn man dabei war, und in diesem Fall waren wir ja dabei, dann mussten wir eine Stunde später beim Gasthaus Beitz sein.“

Nach etwa 8 Stunden auf dem Sammelplatz unter freiem Himmel und ohne jede Versorgung werden die Deutschen nach Niklasdorf, in die s.g. „Muna“ - eine ehemalige Munitionsfabrik gebracht. Nach ein paar Tagen sind alle Leute dort in Viehwaggons gepfercht, in jeden etwa 30 Menschen, ohne Verpflegung, ohne Sanitäreinrichtungen; unter unsäglichen Bedingungen fahren sie drei Nächte und zwei Tage über Prag nach Furth am Wald, wo ein großes Auffanglager eingerichtet ist. Hier fährt regelmäßig die Tante (Schwester väterlicherseits) und erstellt eine Liste von Namen, Herkunfstort und den vermutlichen Zielort in Deutschland - soweit dieser bekannt ist- auf. Diese Eigeninitiative ist später sehr hilfsreich beim Zusammenkommen einiger Familien aus der Region Jesenicko. Dank dieser Verwandten wird später auch der Vater seine eigene Familie in Bayern finden können.

Fremd im neuen zuhause

Der Weg führt weiter nach Barmberg, wo die Vertriebeben in einem Turnsaal der Rupprecht-Schule untergebracht sind, später bleiben sie enige Zeit im Musiksaal in Rothenburg ob der Tauber. Nach ungefähr 6 Wochen seit der Vertreibung aus Černá voda, kommt Familie Seifert nach Ohrenbach, wo sie bei Bauern zwangseinquartiert werden. „Es war am 24. september 1946. (...) Wir sind auf der Straße abgeladen worden, es war gegen Mittag, hatten keine Lebensmittel, wussten nicht, ob es dort einen Laden gibt, wo man sich etwas kaufen kann, wir wussten nichts, hatten kein Geschirr mit, Nichts... mir hat meiner Mutter Leid getan! Uns Buben zu ernähern, sich selbst zu ernähern - aber wie?!“ Sie bleiben nun in kleinem verwahrlosen Raum, zwischen Landwirtschaftsgereäten. Zum Glück betreibt diesen Bauernhof eine verständnissvolle Frau, die Familie Seifert freundlich behandelt. „Sie haben Dialekt gesprochen- wir haben sie nicht verstanden, wir haben Dialekt gesprochen - sie haben uns nicht verstanden, aber wir haben ESSEN verstanden.“ So erlaubt die Bauerin sogar, dass sie mit den Bauersleuten am selben Tisch essen dürfen, was in Beyern nicht üblich war. 

Doch wie so oft: Manche Menschen sind solidarisch in der gemeinsamen Not und manche Menschen verhöhnen und demütigen die Neuankömmlinge, die sie „Flüchtlinge“ nennen, wie es zuvor die Tschechen taten. 

Eine zweite Familie, die auch in Ohrenbach in eienm Bauernhof einquartiert werden sollten, wurde von der Bauernfamilie erst am Abend in den Hof gelassen; zuvor haben die Bauernleute noch alle übrige Möbelstücke zusammen geholt und vor Augen der Neuankömmligen zerschlagen, weil sie den nichts gönnen wollten. So muss diese Familie, eine Frau mit zwei kleinen Jungen, auf dem kahlen Boden schlafen.

Im Dezember 1946, klopft plötzlich jemand mitten in der Nacht auf die Tür. „Dort steht ein Mann, Mütze tief ins Gesicht und sagt, er braucht einen Nachtquaertier. Das war mein Vater!“ Der Vater war in Fraknreich im Krieg gewesen, ist dann in Normandie in  amerikanische Gefangenschaft gearten. Dann wurde er nach Amerika auf einem deutschen Frachter geschafft, der unterwegs noch von englischen oder amerikanischen Flugzeugen beschossen wurde. All das hate er überlebt und musste dann acht Monate in Amerika auf einer Farm arbeiten. Später sind sie auf einem Schiff wieder zurück nach Europa gefahren und in Rheinland entlassen. „Mein Vater wusste nicht, wo wir sind. Er wusste zwar, dass wir nicht mehr in der alten Heimat sind, aber wo wir sind, wusste er nicht. Wir wussten nicht, ob er noch lebt oder wo er ist.“ Mit Hilfe vom Suchdienst und auch Dank der Namenliste der Tante hat der Vater erfahren, dass sich seine Familie in Ohrenbach aufhält. „Ohrenbach ist eine große Ortschaft, er konnte niemanden fragen, wo wir wohnen, und hat uns trotzdem gefunden, mitten in der Nacht.“

Sich Aufrechten

Der Vater ist über den Winter arbeitslos, was für die Familie finanziell sehr schwer ist. Im Frühjahr findet aber der Vater Arbeit im Steinbruch und kann die Familie halbwegs ernähren, so dass sie 1947 die erste eigene Wohnung nicht weit von Rothenburg o. d. T. beziehen können. Ewald Seifert geht zuerst zur Schule in Ohrenbach, wird wegen seinem Alter schon in der 6. Klasse entlassen. Aus dem Grund stellt er an Schulamt einen Antrag auf ein weiteres Schuljahr, da sonst seine erwünschte Ausbildung als Handwerker gefährdet wäre. Der Antrag wird zwar vom Schulamt bewillig, Seifert muss aber Schulgeld bezahlen. Trotz einer Zusage dür eine Lehrstelle, muss er auf diese doch noch ein Jahr länger warten. In der Zeit arbeitet er überall, wo es geht - meistens in der Landwirtschaft. Danach macht er eine Lehre als Elektroinstallateur, muss in der Zeit auch die Hausarbeiten für die Familie übernehmen: seine Mutter erkrankt schwer und stirbt 1953 im Alter von nur 46 Jahren an Krebs. Der Vater heiratet bald eine neue Frau, mit der sich Ewald Seifert leidlich versteht. 

Neues Leben in neuen Zeiten

Ewald Seifert findet ziemlich bald eine für damalige Verhältnisse recht gut bezahlte Arbeit in Stromversorgung, zieht in eine Dienstwohnung ein und 1958 heiratet er schon mit 21 Jahren. Bald hat Ewald Seifert zwei Söhne, 1972 baut er sein eigenes Haus.

Heute scheint Ewald Seifert mit seinem Leben mehr als versöhnt. Er besucht seit 1980 regelmäßig seine „alte Heimat“, wie er Černá voda (Schwarzwasser) nennt – und ist doch froh, ein besseres Leben zu leben, als es dort möglich gewesen wäre. Er denke immer noch an seine Kindheit, er habe „schöne Erinnerungen“, es tauchen aber manchmal noch die schlimmeren Erlebnisse der Unterdrückung durch die Tschechen und die schwierige Zeiten des neuen anfangs.

Aber, so Seifert heute: „als Kind geht man da vielleicht leichter drüber weg, als ein Erwachsener.“

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  • Příbeh pamětníka v rámci projektu Vzpomínky pro budoucnost (Daniela Von Vorst)